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Metropolregion Hamburg

  • © Holger Arlt

Seit 50 Jahren ein Bollwerk gegen Sturmflut

Blick auf die Baustelle in den 1970er-Jahren: 1,3 Millionen Kubikmeter Boden wurden bewegt. Archiv Störsperrwerk

Er habe schon oft böse Blicke geerntet, sagt Michael Horns (56). Von Joggern, aber auch Fahrrad- und Autofahrern, „die noch schnell rüber wollten“. Horns arbeitet seit 18 Jahren als Brückenwärter beim Störsperrwerk in Wewelsfleth. Wenn sich ein Schiff nähert, das nicht unter der Brücke hindurchpasst, muss sie hochgeklappt werden. Bedeutet auch, dass der Straßenverkehr dann warten muss. Laut Horns etwa acht Minuten. Noch ist wenig los, doch in den Sommermonaten wird die Brücke alle 15 bis 20 Minuten geöffnet. Horns zuckt nur mit den Achseln. „Die Stör war vor der Straße da, deshalb hat sie Vorrang“, sagt er.
Horns ist aber nicht der einzige, der an diesem Tag Dienst am Störsperrwerk hat. Ein Mechaniker und ein Elektriker sorgen täglich dafür, dass alle Systeme im Falle einer Sturmflut einsatzbereit sind. Denn das Werk, das vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) betrieben wird, hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel – am heute feiert es 50. Geburtstag.
Die Entscheidung, das letztlich rund 90 Millionen Mark teure Sperrwerk zu bauen, fiel nach der verheerenden Sturmflut im Februar 1962, die die Stadt Hamburg besonders hart traf und dort 315 Menschen das Leben kostete. In Schleswig-Holstein gab es ein Flutopfer: Der Schipper Johann Schölermann wollte seine Wohnung nahe der Stör in der Itzehoer Innenstadt nicht verlassen. Er wurde am Morgen des 17. Februars tot aus seiner Wohnstube geborgen. Tausende Menschen verloren in der Nacht ihr Zuhause.
Außerdem wurden die Deiche auf einer Länge von 150 Kilometern schwer beschädigt. An einigen Stellen brachen sie sogar. Stadtteile von Itzehoe wurden wie das Störtal zum Katastrophengebiet erklärt. Die technische Versorgung brach zusammen, nachdem die Schleswag-Zentrale in Sude geflutet wurde.
Als Folge der Sturmflut wurde das gesamte Flutschutzkonzept an der Unterelbe überarbeitet, und zahlreiche Sperrwerke wurden an den Nebenflüssen der Elbe errichtet.
Nach sechsjähriger Planung begann der Bau des Störsperrwerks im August 1971 in einer trockenen, durch einen Ringdeich geschützten Baugrube am Nordufer der Stör. Der Mündungsverlauf wurde beim Bau verlegt, der ursprüngliche dient heute als Hafen. Dabei wurden 1,3 Millionen Kubikmeter Kleiboden ausgehoben.
Die Brücke, die das Sperrwerk überspannt und über die Brückenwärter Michael Horns wacht, wurde im Jahr 1973 eingebaut. Hier verläuft die B 431, die die Wilstermarsch mit der Kremper Marsch verbindet. Das Sperrwerk bewahrt laut LKN.SH unmittelbar rund 80 Menschen und 2800 Hektar Land vor Überflutung. Im Zusammenwirken mit den Mitteldeichen an der Stör werden sogar einige tausend Menschen in der Wilstermarsch und der Kremper Marsch geschützt.
Die drei mächtigen, begehbaren Betonpfeiler des Sperrwerkes teilen den Fluss in vier Öffnungen – zwei mit jeweils 22 Meter Breite für die Schifffahrt und zwei seitliche Öffnungen von jeweils 43 Metern. Im Fall einer Sturmflut können diese innerhalb von Minuten geschlossen werden.
Als doppelte Sicherung ist jede Öffnung mit zwei gleichen, hintereinanderliegenden Verschlüssen versehen: Stemmtore in den Schifffahrtsöffnungen, Rollsegmente außen. „Wenn das Sperrwerk geschlossen wird, sieht es aus wie in einem Kochtopf, so eine Gewalt sitzt hinter dem Wasser“, sagt Brückenwärter Michael Horns.
Seinen ersten Härtetest hatte das Sperrwerk übrigens bereits im Januar 1976. Kaum ein Jahr war es alt, als es die bis dahin höchste Sturmflut an der Westküste abwehrte und die Region vor einer Katastrophe bewahrte.

Gefeiert wird das Jubiläum am Aktionstag „Die Wilstermarsch erfahren“ am 14. September mit einem Tag der offenen Tür.

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