Rollenspiel auf dem Friedhof in Wilster
Sie galt als ziemlich schrullig, die Frau Timm. Warum ließ sie auf dem Friedhof in Wilster ein Mausoleum errichten und den Sarg ihres Mannes sowie eine Knochenkiste mit den Gebeinen ihrer Eltern dort einstellen? Er galt als ziemlich genial, der Dr. Mencke. Wie gelang es ihm, in der Kleinstadt Wilster ein Krankenhaus zu errichten? Wie erlebte das Mädchen Annegret Egge den Bombenabwurf vor 80 Jahren auf Wilster? Wer neugierig geworden ist, kann diese und noch mehr historische Geschichten im Rahmen des Regiobranding-Aktionstags „Die Wilstermarsch erfahren“ auf dem Friedhof in Wilster erleben.
Persönlichkeiten aus Wilster
Jugendliche aus der Kirchengemeinde schlüpfen in zeitgemäße Kleidung und lassen in Rollenspielen besondere Wilsteraner Persönlichkeiten und Zeitzeugen wieder lebendig werden. Schon vor und auch in den Sommerferien haben die 13 Jugendlichen gemeinsam mit Andrea Niefert, Jugendmitarbeiterin der Kirchengemeinde Wilster, und Beritt Mahrt, die die Texte gestaltet hat, geprobt. Für einige ist es bereits das vierte Mal, dass sie in eine historische Rolle schlüpfen. Sowohl für den Tag des Friedhofs als auch für den Regiobranding-Aktionstag engagieren sich die jungen Leute im Alter zwischen 15 und 24 Jahren. Vergangenes Jahr wurde pausiert. Und jetzt gehen sie wieder mit großem Elan an das Rollenspiel. Erstmals dabei sind Jonas (15) und Marcus (15) Buck sowie Mareike Sühl. Sie bilden ein Team, das die Geschichte des ehemaligen Wilsteraner Krankenhauses „Menckestift“ erzählt.
„Ich bin Dr. Mencke“, stellt sich Jonas Buck vor. „Gelebt habe ich von 1825 bis 1899.“ Wann und wie er als Sanitätsrat nach Wilster kam und dort nachhaltig wirkte, wird er den Besuchern am 8. September erzählen. „Ich finde es sehr nett hier in der Gruppe und es macht mir viel Spaß“, sagt der 15-Jährige. Das Üben des Textes sei nicht ganz so toll, aber für ihn ist eines sicher: „Am Ende wird es super!“ Davon ist auch sein Bruder Marcus überzeugt, der Menckes Nachfolger Dr. Carlau spielt. Auch ihm gefällt seine Rolle gut und macht das Spiel Spaß. Er sei auch schon ganz zufrieden mit sich bei den Proben. „Man versucht immer, etwas noch besser zu machen“, meint er. Mareike Sühl sorgt als Oberschwester noch für einige Hintergrundinformationen zum Krankenhausbau und wie sich das Menckestift zu einer anerkannten Klinik entwickelt hat.
Wie ihre Mitstreiter findet auch sie die Stimmung im Team „total positiv“. „Jeder unterstützt jeden“, sagt sie. Als Besucherin hat sie sich das Rollenspiel auf dem Friedhof in jedem Jahr angeschaut und freut sich nun, endlich einmal die Zeit dafür zu haben, auch mitzumachen.
Von Beginn an dabei ist Hanna Buck (19). Die Rollenspiele auf dem Friedhof und im Stadtpark, wo sich einst der alte Friedhof befand, gefallen ihr sehr. „Ich mag gerne in kleine Rollen schlüpfen“, erzählt sie. Am 8. September wird sie gemeinsam mit Jule Voß im Eingangsbereich des Friedhofs an der Allee die Besucher begrüßen. Die erfahren dabei einiges über die Geschichte des Friedhofs – und auch, warum Menschen beispielsweise aus Ecklak und Aebtissinwisch den Weg zum neuen Friedhof im Jahr 1859 so beschwerlich fanden. Vom Eingang aus wird den Besuchern dann der Weg zur nächsten Station gewiesen.
Dort stehen dann Fynn Beimgraben und Lena Kuhlmann als Bierbrauerpaar Lübbe, Mathis Buck und Michel Herbst als Steinmetz und dessen Lehrling, das Menckestift-Team Mareike Sühl, Marcus und Jonas Buck, Kristin Sühl als Annegret Egge und Lena Herbst als Käthe Hahn, die an den Bombenabwurf erinnern, Sam Möller als Baschir Ismailow am Grab der Kriegsgefangenen und Cinja Egge als Frau Timm am Familien-Mausoleum. „Es sind alles tolle Rollen, die Beritt schreibt“, lobt Hanna Buck mit breiter Zustimmung aus der Gruppe.
Die Führungen finden von 13 bis 15 Uhr statt und dauern jeweils 20 Minuten. Eine eventuelle Wartezeit können Besucher im Café im Innenhof der Friedhofsverwaltung überbrücken.